Glaube. Bildung. Leben .

HERZLICH WILLKOMMEN AUF DIESEM BLOG

Sonntag, 22. Februar 2015

Presseartikel der Thüringer Landeszeitung :"Ist der Glaube vernünftig?"




„Es ist ein Geschenk und muss es bleiben“



Eichsfeldforum mit Professor Dr. Eberhard Tiefensee zum Thema „Ist der Glaube vernünftig?“



Heiligenstadt. 
Vor einhundert Jahren hätte der Vortrags- und Gesprächsabend unter dem Titel „Ist der Glaube vernünftig?“ gar nicht stattgefunden, denn da hätte sich diese Frage nicht gestellt. Jedoch: „Die Zeit hat sich geändert, die Welt hat sich geändert. In unserer Gesellschaft sind Glaubensfragen ein Tabu-Thema.“ Für die westeuropäische Gesellschaft des 21. Jahrhunderts treffe der Satz zu: „Ich habe eine Überzeugung, aber es gibt noch andere.“ 

Einführende Worte von Prof. Dr. Eberhard Tiefensee, Professor für Philosophie an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Erfurt.
Als wohlbekannter Gast war er am Donnerstag von Moderator Dario Pizzano im vollen Saal des Marcel-Callo-Hauses begrüßt worden und hatte sicher mit seinem Angebot, zu einem weiteren Diskussionsabend des Eichsfeldforums gern erneut zu kommen, allen Versammelten aus dem Herzen  gesprochen. 

Religionskritiker sind schnell dabei, die Frage, ob der Glaube vernünftig ist, zu verneinen.Unsere naturwissenschaftlich geprägte Kultur lege fest – so der Referent – was vernünftig und was unvernünftig ist. Im Vordergrund stünden Zahlen und Fakten; wir haben nicht gelernt, von etwas zu reden, was umfassender ist als das, was wir mit unseren fünf Sinnen erfassen können, denn schon von Kindheit an existieren für uns „Dinge zum Anfassen“, „raumzeitliche Dinge“. Und die müssen im Bereich unserer Sinneserfahrung mit wissenschaftlichem Verstand logisch und empirisch überprüfbar sein, ähnlich wie Laborergebnisse oder wie eine Computersteuerung. Doch mit Naturwissenschaft allein lasse sich die Welt nicht  begreifen. Sofern nicht nur oberflächlich geglaubt werde, sei Glaube etwas, was die ganze Person ergreife. 

Der Referent fand einen sehr treffenden, einleuchtenden
Vergleich als Antwort auf die Frage, was richtig oder was falsch ist in der Herangehensweise an Glaubensfragen: Ein Mensch könne durch eine Stadt gehen und sie erkunden als Bauingenieur oder als Historiker. 

Er plädierte für die vernünftige Glaubensrede, für den
denkenden Christen und griff dabei u.a. zurück auf den Bibeltext des Matthäus-Evangeliums: „Du sollst den Herrn, Deinen Gott lieben mit Deinem ganzen Herzen und mit Deiner ganzen Seele und mit Deinem ganzen Denken. Das ist das große und erste Gebot.“ 

Herausragende Bedeutung misst Professor Tiefensee der Sprache bei und damit verbunden dem ständig notwendigen geduldigen Dialog, denn oft gäbe es im Alltag „Übersetzungsprobleme“. 

Zum Verständlichmachen gehöre ein permanenter Austausch. Wer von Andersdenkenden gefragt werde, wieso er an Gott glaube, möge  bereit sein zum Gespräch, nicht einfach gehen und sagen: „Du verstehst das nicht.“ 

Ebenfalls als ein Übersetzungsproblem nannte er die Reaktion einer Frau, die auf der Suche nach ihrem Glauben einen Gottesdienst besuchte und am Ende äußerte, sie habe jedes Wort verstanden, aber nicht einen einzigen Satz. 

Zu den zusammenfassenden Thesen Professor Tiefensees gehörte auch diese: „Glauben ist heute mehr denn je ein freier, durch nichts, auch nicht durch ‚richtige Erziehung’ und auch nicht durch Argumente zu erzwingender ‚Sprung’ und letztlich ein Geschenk.“ Und ein Geschenk müsse es bleiben, sonst sei es kein Glaube an Gott.



Christine Bose




Presseartikel "Alles neu- Wer ist Papst Franziskus?"



Den Papst nicht an einem Abend kennen lernen

Prof. Dr. Josef Freitag sprach im sehr gut besuchten Eichsfeldforum  

Heiligenstadt. (cb) 

Der fesselnde Vortrag begann mit einer Frage des Referenten: „Wie stellt man jemanden  vor, den Sie kennen? Sie haben ja längst gelesen, wann er geboren ist, wo er gelebt hat...“. 

Mussten sich die Organisatoren des Eichsfeldforums noch nie über mangelnden Besucherzuspruch beklagen, machte die Abendstunde am Donnerstag, 22. Januar 2015, deutlich: Es gab noch eine Steigerung. Die Zuhörer  waren ins Marcel-Callo-Haus geströmt, um beim ersten Eichsfeldforum des Jahres 2015 Antworten auf die Fragen zu erhalten: „Alles neu? Wer ist Papst Franziskus?“ 

Dario Pizzano als Ansprechpartner für die hochkarätige Reihe begrüßte hierzu Prof. Dr. Josef Freitag, Professor für Dogmatik an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Erfurt. Josef Freitag, der 1976 zum Priester geweiht wurde, studierte Philosophie und Theologie an den Universitäten Münster, Strasbourg und Rom. Dario Pizzano verwies darauf, dass die Worte und das Handeln des Oberhauptes der katholischen Kirche in aller Munde und in allen Medien seien. 

Im Vergleich zu seinem Amtsvorgänger Papst Benedikt XVI habe Franziskus „bei gleicher Sache und gleichem Glauben einen völlig neuen Stil entwickelt“, so Prof. Freitag, um hinzuzufügen: „Sie werden ihn nicht heute Abend, aber permanent kennen lernen.“  Der neue Papst könne uns auf Dinge aufmerksam machen, „die wir nicht sehen.“ 

Sehr zum Nachdenken anregend sind die Worte des Theologen und Lehrenden zur Weihnachtsansprache des Papstes an die Leiter der vatikanischen Kurie. Da könnte jetzt so mancher ausrufen: „Er hat denen aber ganz schön die Meinung gegeigt und die Leviten gelesen!“ Doch sei vielmehr zu fragen: „Was trifft davon auf mich selber zu? Blicke ich schadenfroh auf andere oder betrachte ich die Worte der Weihnachtsansprache als Hilfe für mich?“ 

Kritisch blickte Prof. Freitag auf Erscheinungen unserer heutigen Kultur, die häufig darauf gerichtet seien, narzisstisch und selbstzentriert zu bleiben, selbst gut dazu stehen, niemanden an sich „ranzulassen“, sich mit dem Anliegen zu beschäftigen: „Wie beeinflusse ich andere?“ 

Einen nicht unbeträchtlichen Teil des Abends widmete der Gast dem viel beachteten Apostolischen Schreiben des Heiligen Vaters vom 24. November 2013 „EVANGELII GAUDIUM“ („Die Freude des Evangeliums“), gerichtet auch an die „christgläubigen Laien“. Damit verkünde der Papst – das unterstrich der Dogmatik-Professor – kein Regierungsprogramm. 

Der Hinweis des Referenten lautete, den Text zu lesen, um das Neue kennen zu lernen. Nicht nur für die Bischöfe, Priester, Diakone, sondern für alle Getauften sei dieses Programmschreiben bestimmt, wolle doch Franziskus darin klar machen: Die Begegnung mit Jesus gebe Kraft und stehe jedem Menschen offen. Die Jünger Jesu – dies als Anmerkung Prof. Freitags – hätten, um das Evangelium zu verkünden, keine Zeit für eine Ausbildung gehabt, sondern mit dem Herzen gehandelt. 

Die sich anschließende angeregte Diskussions- und Fragerunde zeigte sehr deutlich, wie sich die Zuhörer mit der Person Papst Franziskus und seinem Tun beschäftigten. Eine Bemerkung Professor Freitags wirkt über den Abend hinaus: „Sie werden Franziskus nur verstehen, wenn Sie selber Jesus begegnen. Das traut Ihnen Franziskus zu.“

Christine Bose