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Montag, 21. Januar 2013

Religionsphilosoph Prof. Dr. Jörg Splett sprach im Eichsfeldforum




Freiheit heißt auch Verantwortung tragen



Heiligenstadt. Einen guten, erkenntnisreichen Abend hatte Dario Pizzano, Moderator des Eichsfeldforums, den Besuchern am Donnerstag im Marcel-Callo-Haus gewünscht und dabei angemerkt: Die Frage „Was ist denn das für ein Thema?“ sei ihm zuvor mehr als einmal gestellt worden. Gefragt, dafür und dagegen gesprochen, laut nachgedacht wurde in der dem anspruchsvollen Vortrag folgenden Diskussion im vollbesetzten Saal lange und ausgiebig. „Wir müssten eigentlich ein Semester miteinander verbringen“, räumte Prof. em. Dr. phil. Jörg Splett aus Offenbach, Philosophisch-Theologische Hochschule St. Georgen Frankfurt/M., hinsichtlich seines Vortrages ein. Der zu Überlegungen und Widerspruch auffordernde Titel lautete: „Hätte Pontius Pilatus Jesus auch freisprechen können?“ 

Mit den Worten „Die schwierigsten Fragen sind die, von denen wir meinen, sie wären dumm“, hatte der Professor, der zu den bedeutendsten Religionsphilosophen der Gegenwart zählt, zur Diskussion ermuntert. Eine Formulierung, die es verdient, unbedingt noch häufiger als bisher bei einem Gedankenaustausch berücksichtigt zu werden. Er ging u.a. den  Fragen nach: „Wie lässt sich die Vorsehung des allmächtigen Gottes mit der Freiheit des Menschen und der Lebendigkeit der Geschichte zusammen denken? Was ist vorherbestimmt, was liegt in der Entscheidung des Menschen?“ 

Der Gast erläuterte auf wissenschaftlicher Basis, in Verbindung mit Alltagserfahrungen, Begriffe wie Freiheit, Glauben, Allmacht, Zweifel, Gebet, Bitte, Dank und Denken. Seine These, für deren Beweis hier nicht der Platz ist: „Pilatus hätte anders gekonnt, aber Gott wusste, dass er es so macht.“ Gott könne nicht vereinfacht nur als „der liebe Gott“ betrachtet werden; das sei zynisch den Opfern gegenüber, also in vielen Situationen, in denen wir uns fragen, warum Gott so etwas zulassen konnte. Die Freiheit des Menschen zur Verwirklichung seiner Möglichkeiten sei ein Geschenk, wobei Geschenk Gabe und Aufgabe bedeute, dem Einzelnen Aktivität abverlange sowie die Bereitschaft zum positiven Denken und Handeln. 

Ein entscheidender Punkt unserer Freiheit sei das Sich-Ergreifen-Lassen, die Erkenntnis: Gott ist ganz nah bei uns, wir müssen nur hinhören. „Jeder von uns hat mit Gott zu tun“, so Prof. Splett. Alltagstauglich brachte der Wissenschaftler zum Ausdruck, Gott verweise uns auf andere Menschen und das beginne bereits damit, dass wir durch andere auf die Welt gekommen seien. Für seine sehr interessante und des Nachdenkens werte Auffassung, Gott wolle überrascht werden, führte er die Gruppe der Künstler an. Denn besonders Maler, Dichter, Musiker hätten einen Blick für die Frische, für die Neuheit. Er plädierte für Neuübersetzungen griechischer und lateinischer Originaltexte. Das sei dann notwendig, wenn im Laufe der Jahrhunderte in religiösen und philosophischen Werken verwendete Begriffe so in die deutsche Sprache übertragen wurden, dass sie einer heutigen Aktualisierung und Erläuterung bedürften. 

Prof. Splett gab seiner beherzigungswerten Überzeugung Ausdruck: „Wir sind spätabendländische Individualisten, aber wir sind füreinander verantwortlich.“



Christine Bose

Dienstag, 8. Januar 2013

Lese-und Gesprächskreis zum Jahr des Glaubens

Papst Benedikt XVI. hat für die gesamte Kirche am 16.10.2011 ein Jahr des Glaubens ausgerufen.

Dabei lädt er alle Menschen ein, den Glauben an Gott neu zu entdecken, bzw. zu vertiefen.

Das Jahr des Glaubens begann am 11.10.2012 und endet am 24.11.2013. 

In Gemeinschaft den Glauben neu zu entdecken und zu vertiefen, dazu lädt das Bildungswerk des Bistums Erfurt/Region Eichsfeld einmal monatlich in das Marcel Callo Haus ein. 

Gemeinsam werden Texte zum Jahr des Glaubens gelesen, Bibeltexte miteinander geteilt, Erfahrungen ausgetauscht, 
so wollen wir über den Glauben ins Gespräch kommen.


Leitung: Dario Pizzano


Termine sind jeweils Dienstag 19 Uhr
im Marcel Callo Haus, Heilbad Heiligenstadt

       
22.01.2013

19.02.2013

19.03.2013

23.04.2013

28.05.2013

25.06.2013





Familie – ein Auslaufmodell?

Podiumsdiskussion im letzten Eichsfeldforum des Jahres 2012  
 
Heiligenstadt. Ehen werden geschieden. Nicht nur im ersten Jahrzehnt ihres Bestehens, sondern auch dann, wenn die Kinder erwachsen sind. Längst nicht jedes ehewillige Paar entscheidet sich für den kirchlichen Segen seiner Verbindung. Partner bringen jeweils eigene Kinder in die neue Patchwork-Familie ein. Mütter oder  Väter sind alleinerziehend. Unterschiedliche Formen des Zusammenlebens existieren nebeneinander. Und es sind in Deutschland kontroverse Diskussionen im Gange über familienpolitische Entscheidungen zu den Themen Kitas, Elterngeld, Ehegattensplitting. „Familie – ein Auslaufmodell?“ fragte am Donnerstag Moderator Dario Pizzano angesichts dieser nicht zu leugnenden Tatsachen beim letzten Eichsfeldforum des Jahres 2012 im Marcel-Callo-Haus. 
 
Seine Podiumsgäste hatte er so ausgewählt, dass das Thema, wie er unterstrich, „aus theologischer, psychologischer und soziologischer Sicht“ beleuchtet und diskutiert werden konnte. 
 
Als „sehr pessimistisch“ bezeichnete Prof. Dr. Josef Römelt, Inhaber des Lehrstuhls für Moraltheologie und Ethik an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Erfurt, Mitglied des Redemptoristenordens, die Fragestellung. Der Familienbegriff habe sich im Laufe der Jahrhunderte immer im Wandel befunden. In vielen Köpfen existiere das Ideal der bürgerlichen Familie mit Mutter, Vater, Kindern in einem Haushalt. Als einen Beweis für die Wandlung nannte der Priester das der Vergangenheit angehörende Modell der bäuerlichen Großfamilie mit mehreren Generationen unter einem Dach. In einem solchen Familienverband wurde gemeinsam produziert, Verantwortung für die Ausbildung der Kinder und für die Versorgung der Alten getragen. Heute sei ein regelrechtes Familienmanagement nötig, um überhaupt noch Zeit füreinander zu haben. Doch biete Familie neben materieller Sicherung beispielsweise Geborgenheit. Aus seiner Sicht als Seelsorger seien Ehe und Familie als Lebensform heute riskant, aber wunderbar.
 
Dipl.-Psychologin Ingrid Rasch, die 37 Jahre lang in der katholischen Familienberatungsstelle Köln tätig war, weiß von der „ungeheuren Sehnsucht der Menschen nach dauerhaften Beziehungen“. Sie begrüßt die rechtliche Gleichstellung ehelicher und unehelicher Kinder, wozu es Jahrzehnte gebraucht habe. Nach ihrer Meinung sei die Familie kein Auslaufmodell; ein Auslaufmodell sei hingegen die Auffassung, es gäbe nur eine einzige Familienform. 
 
Ein Plädoyer für die Ehe hielt Jürgen Liminski, Journalist, Publizist, Buchautor aus Nordrhein-Westfalen. Gemeinsam mit seiner Ehefrau Martine hat er zehn Kinder. Mit dem  Hinweis „Wer heute heiratet, tut dies in der Regel, weil er den künftigen Ehepartner liebt“, leitete er zu der historischen Tatsache über, wonach die Liebesheirat nicht immer zur gesellschaftlichen Norm gehörte. Noch vor 200 Jahren wurden Ehen auch als Zweckgemeinschaften unter ökonomischen Gesichtspunkten geschlossen. Auf die Gegenwart bezogen unterstrich Jürgen Liminski: „Kann er oder sie mich glücklich machen?“ Diese Frage sollte von den Partnern nicht gestellt werden. Viel mehr stehe für das Zusammenleben in Ehe und Familie die Frage im Vordergrund: „Wie kann ich meinen Partner/meine Partnerin glücklich machen?“
 
Christine Bose