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| Foto: Christine Bose |
Heiligenstadt. Er war einer der bekanntesten christlichen Philosophen des 20. Jahrhunderts und er gilt als ein exzellenter Erzähler - Josef Pieper, geboren am 4. Mai 1904 in Elte bei Rheine/Münsterland, gestorben am 6. November 1997 in Münster. Seine mehr als 50 Bücher wurden in über 20 Sprachen übersetzt. Päpste und hochrangige Politiker, Generationen von Philosophie und - Theologiestudenten schätzten und schätzen die Person und das Werk Piepers. Das Besondere: Seinen Büchern wird bescheinigt, sich in einer lebendigen und gut verständlichen Sprache auch an Menschen ohne akademische Bildung zu wenden, ja ihnen Lebenshilfe zu geben. Er lehrte in Essen und Münster, zahlreiche Gastprofessuren führten ihn durch die ganze Welt.
Prof. Dr. phil. Berthold Wald, Lehrstuhl für Systematische Philosophie an der Theologischen Fakultät Paderborn und Schüler Josef Piepers, ist der Experte für dessen Gesamtwerk. Dieser persönliche Bezug machte seinen Vortrag am Donnerstag, 19. Januar 2012, im Marcel-Callo-Haus noch spannender und individueller als das bloße Referieren über eine Persönlichkeit und ihr Werk aus reiner Faktenkenntnis. „Was ist ein gelingendes Leben? Josef Pieper über das christliche Menschenbild“ war der Auftaktabend des Eichsfeldforums 2012 überschrieben.
Bereits die Einladung wies die Besucher darauf hin, dass das christliche Menschenbild in seiner ursprünglichen Bedeutung an die Würde des Menschen und an den richtigen Gebrauch der menschlichen Freiheit für ein gutes Leben erinnert. Jedoch sei jenes Bild weithin zu einer „Leerformel im politischen Diskurs“ geworden.
Prof. Berthold Wald sah seinen Vortrag auch als eine Einführung in das Denken Josef Piepers. Überrascht zeigte sich der Referent über den vollen Saal, hatte er doch mit so viel Interesse nicht gerechnet. Interesse und Wissbegier hielten in der dem Vortrag folgenden Diskussion an. Piepers Maxime „Die Leute da erreichen, wo man sie antrifft“, erklärt die Nutzung der für ihn seinerzeit neuen Medien Rundfunk und Fernsehen. Pieper wurde und wird, so der Gast aus Paderborn, mit seinem klaren katholischen Standpunkt ebenso gelesen von evangelischen Christen. Als ein Beispiel führte Prof. Wald den evangelischen Theologen Dietrich Bonhoeffer (1906-1945) an. Von Kardinal Karl Lehmann wusste Prof. Wald zu berichten, er habe als Pennäler sein Taschengeld zusammengespart, um sich wieder ein Bändchen aus der Feder Josef Piepers leisten zu können.
Bei aller Vielfalt – und das klang sowohl in der Diskussion, als auch in sich anschließenden einzelnen Gesprächen an – wäre es wünschenswert gewesen, noch viel mehr ganz konkrete Äußerungen als Antwort auf die Frage „Was ist ein gelingendes Leben?“ zu erfahren. Doch vermag verständlicherweise ein Abend nicht alle (Bildungs)Wünsche zu einem schier unerschöpflichen Thema zu erfüllen. Professor Wald hatte deshalb am Ende seiner Ausführungen treffend den Begriff „gießkannenartig“ gewählt. Josef Pieper habe mit seinem Werk nach Meinung seines Schülers die Lust am philosophischen Denken geweckt, mit einer guten, reichen Sprache – nicht nur für Philosophen. Für die einen war der Abend Anstoß, sich wieder einmal mit Josef Pieper zu befassen, für die anderen Aufforderung, eines seiner Bücher erstmals zur Hand zu nehmen, um es nicht so schnell wieder wegzulegen.
Dipl. Journ.Christine Bose
