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Montag, 30. April 2012

Entweltlichung ist kein Rückzug aus der Welt

 
Podiumsdiskussion im Eichsfeldforum zu einem Papstwort

Heiligenstadt.  Er sei ein Alltagschrist. Einer, der nachdenke über den Glauben im Alltag. Jedoch vermöge er nicht, sich Fragen im Zusammenhang mit dem Papstwort der Entweltlichung der Kirche zufriedenstellend zu beantworten. Meinung eines Besuchers des Eichsfeldforums am Donnerstag, das Moderator und Regionalbeauftragter des Bildungswerkes im Bistum Erfurt e.V.  Dario Pizzano am Ende als einen wertvollen Abend bezeichnete. Und dieser Besucher steht offensichtlich mit seiner Meinung nicht allein. Pizzano plädierte dafür, auch weiter über das Thema nachzudenken und zu diskutieren. Über das Thema, das auch missverstanden werde.

 „Entweltlichung – die Antwort der Christen auf die Krise in Europa“ war die Podiumsdiskussion überschrieben, wobei Teil 1 des Bildungsangebotes unter gleicher Überschrift  bereits Ende März im Marcel-Callo-Haus stattgefunden hatte, in Form eines Einzelvortrages von Dr. Martin Kugler, PR-Beauftragter für mehrere große kirchliche Organisationen in Staaten Mitteleuropas. Entweltlichung hatte Papst Benedikt XVI. in seiner Rede am 25. September 2011 im Freiburger Konzerthaus anlässlich seines Deutschlandbesuches gefordert. Nach seinen Worten richte sich die Kirche ein in dieser Welt, was zur Selbstgenügsamkeit führen könne. Anstatt sich auf Strukturen und Organisationen zu konzentrieren, solle sie sich wieder stärker ihrer Religion, ihrem Glauben widmen. 

Allen, die seitdem der scheinbar neue Begriff der Entweltlichung beschäftigt, baute Pater Franz Menke aus dem Heiligenstädter Redemptoristenkloster im Podium eine Brücke der Erinnerung. Von der Entweltlichung habe bereits im Jahr 1941 der evangelische Theologe Rudolf Bultmann gesprochen und nun fordere der Papst im kirchlichen Leben mehr Geist als Struktur, Ämter und Organisation. Als Ordensmann berühren Pater Menke die  Tatsachen, dass sich Getaufte von der Kirche distanzieren oder ein Leben als „Single-Christ“ vorziehen. 

An Dr. Hubert Wissing, Generalsekretariat des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, Leiter der AG Kirche und Gesellschaft, mit Sitz in Bonn ergingen aus dem Publikum Auftrag und Bitte, künftig noch mehr und noch besser über Ergebnisse zu informieren, den Stand der Arbeit in die einzelnen Diözesen zu tragen. Das ZdK versteht sich als die Stimme der katholischen Laien, die sich in den Laienräten, in Verbänden, Bewegungen, Initiativen und Organisationen aktiv an der Gestaltung der Gesellschaft und der Kirche beteiligen. Der Gast aus Bonn ist davon überzeugt, der Papst „sei nicht gekommen, um allen zu gefallen“. Sein Besuch bedeute Stärkung und Herausforderung zugleich, fordere auf zu Auseinandersetzung und Gewissenserforschung. 

Froh, wieder einmal in seiner Heimat Heiligenstadt sein zu können, interpretierte Ordinariatsrat Winfried Weinrich, Leiter des Katholischen Büros Erfurt, das Papstwort: Hier werde kein Rückzug aus der Welt hinter Kirchenmauern und in die Sakristei gefordert, keine Weltflucht und keine Anpassung. Mit der Bereitschaft zum Dialog nehme die Kirche das Recht in Anspruch, politische Entscheidungen einer sittlichen Wertung zu unterziehen.

Dipl. Journ. Christine Bose

Sonntag, 29. April 2012

Eichsfeldforum Podiumdiskussion " Was ist Heimat?"

Die Eichsfelder Initiative für Frieden, Demokratie und Gerechtigkeit lädt zusammen mit "Eichsfeldforum aktuell" zu einem Vortrags- und Gesprächsabend für Donnerstag, 3. Mai 2012, ins Marcel-Callo-Haus Heiligenstadt ein. Thema: "Was ist Heimat?" Es ist Anliegen der Veranstalter, den Begriff "Heimat" nicht dem Missbrauch durch die NPD zu überlassen, "sondern das Verständnis von Heimat qualifiziert und differenziert in der Öffentlichkeit zu reflektieren und zu vertreten". 

Als Einstieg wird ein Video-Clip zum Heimatverständnis von Eichsfelder Jugendlichen gezeigt. Gedreht hatte den ein Team der Villa Lampe. Maximilian Bosch vom Jugendparlament Heiligenstadt wird es in der Podiumsdiskussion kommentieren. Danach erläutern Landrat Werner Henning und Pfarrer Bernd Winkelmann ihre Vorstellung zum Thema "Was ist Heimat für mich?"

Danach ist die Diskussion auf dem Podium und mit den Gästen, moderiert von Diakon i.R. Johann Freitag. Dario Pizzano vom Eichsfeldforum eröffnet die Runde um 19.30 Uhr.

Donnerstag, 19. April 2012

Eichsfeldforum:„Volkskrankheit Depression – Was tun?“


Großes Besucherinteresse beim Eichsfeldforum im Marcel-Callo-Haus

Heiligenstadt.  

Immer auf der Siegerseite stehen, denn: Wer nicht siegt, ist nicht gut. Nur ja nicht verlieren, Verlierer werden nicht gebraucht. Das fängt so im Kindergarten an und setzt sich fort bis ins hohe Alter. In unserer (Spaß)Gesellschaft ist kein Platz für Negatives. Es hat sich ein solcher Wandel vollzogen, dass viele Menschen davon ausgehen, Leid und Leiderfahrungen sollten „weggemacht“ werden. 

So am Donnerstag im Marcel-Callo-Haus die Experteneinschätzung des gegenwärtigen Erscheinungsbildes der  Gesellschaft. Die Jahresstatistiken deutscher Krankenkassen machen auf ein Ansteigen von Erkrankungen mit psychischen Störungen aufmerksam, auf der Grundlage einer veränderten Arbeitswelt, der damit einhergehenden „Arbeitsverdichtung“ und Überforderung. Die Weltgesundheitsorganisation hat Depressionen zur Volkskrankheit erklärt. Was keine Krankenkassenstatistik zu erfassen vermag ist das Mitleiden der engsten Angehörigen. Die fragen sich oft hilflos und über lange Zeit, wie sie mit einer solchen Krankheit eines ihnen nahestehenden Menschen umgehen sollen, die schon den römischen Gelehrten Cicero (106 - 43 v.Chr.) einst beschäftigte und der ihr den Namen Melancholie gab. „Volkskrankheit Depression – Was tun? Psychotherapie und Seelsorge im Gespräch“. 

Der Titel der Podiumsdiskussion und die Aussicht, mehr zu erfahren über eine Zusammenarbeit zwischen Psychotherapie und Seelsorge hatte am Donnerstag die Zuhörer ins Eichsfeldforum strömen lassen. Dort sprachen Prof. Dr. Michael Dieterich, Institut für Praktische Psychologie Freudenstadt im Schwarzwald sowie Lee University Cleveland/Tennessee. Mit seiner Frau gemeinsam baute er 1987 die Deutsche Gesellschaft für Biblisch-Therapeutische Seelsorge auf. Im Podium diskutierten ebenfalls Dipl.-Psychologe Dr. Klaus Jost, Fachpsychologe für klinische Psychologie, Seligenstadt am Main und Domkapitular Gregor Arndt, Seelsorgeamtsleiter im Bistum Erfurt und Verantwortlicher für die Krankenhausseelsorge im Bistum. 

Alsbald wurde den Besuchern des Eichsfeldforums deutlich: Es gibt kein einheitliches Bild der Depression, weil jeder Mensch anders reagiert. Die meisten Depressionen sind „multistrukturell“. Ihre Ursachen sind zu suchen in psychischen Faktoren (Persönlichkeitsfaktoren), sozialen, biologischen (genetische Komponente) und Entwicklungsfaktoren. Das Gefühl beim morgendlichen Aufwachen, heute ist nicht mein Tag, stellt kein Symptom für eine Krankheit dar und ist keinesfalls  gleichzusetzen mit einer schweren Depression, bei der es den Betroffenen mitunter noch nicht einmal mehr gelingt, das Bett zu verlassen. Als Möglichkeiten, einer depressiven Erkrankung zu begegnen, wurden die drei Stichworte „Medikamente, Lernprozesse und Glauben“ herausgearbeitet, darin eingeschlossen die Gespräche. 

Der Glaube, so wurde betont, sei eine Chance und ein ganz großartiges Hilfsmittel, um in einer Depression zu überleben, ohne für die Behandlung notwendige Medikamente abzulehnen. Im christlichen Sinne sei nicht der Aschermittwoch das Ende, sondern Ostern der Neuanfang.

Christine Bose

Montag, 30. Januar 2012

Eichsfeldforum: Lebenshilfe auch für Menschen ohne akademische Bildung

Foto: Christine Bose
Prof. Dr. Berthold Wald machte bekannt mit Biographie und Werk Josef Piepers 

Heiligenstadt. Er war einer der bekanntesten christlichen Philosophen des 20. Jahrhunderts und er gilt als ein exzellenter Erzähler - Josef Pieper, geboren am 4. Mai 1904 in Elte bei Rheine/Münsterland, gestorben am 6. November 1997 in Münster. Seine mehr als 50 Bücher wurden in über 20 Sprachen übersetzt. Päpste und hochrangige Politiker, Generationen von Philosophie und - Theologiestudenten schätzten und schätzen die Person und das Werk Piepers. Das Besondere: Seinen Büchern wird bescheinigt, sich in einer lebendigen und gut verständlichen Sprache auch an Menschen ohne akademische Bildung zu wenden, ja ihnen Lebenshilfe zu geben. Er lehrte in Essen und Münster, zahlreiche Gastprofessuren führten ihn durch die ganze Welt. 


Prof. Dr. phil. Berthold Wald, Lehrstuhl für Systematische Philosophie an der Theologischen Fakultät Paderborn und Schüler Josef Piepers, ist der Experte für dessen Gesamtwerk. Dieser persönliche Bezug machte seinen Vortrag am Donnerstag, 19. Januar 2012,  im Marcel-Callo-Haus noch spannender und individueller als das bloße Referieren über eine Persönlichkeit und ihr Werk aus reiner Faktenkenntnis. „Was ist ein gelingendes Leben? Josef Pieper über das christliche Menschenbild“ war der Auftaktabend des Eichsfeldforums 2012 überschrieben. 

Bereits die Einladung wies die Besucher darauf hin, dass das christliche Menschenbild in seiner ursprünglichen Bedeutung an die Würde des Menschen und an den richtigen Gebrauch der menschlichen Freiheit für ein gutes Leben erinnert. Jedoch sei jenes Bild weithin zu einer „Leerformel im politischen Diskurs“ geworden. 

Prof. Berthold Wald sah seinen Vortrag auch als eine Einführung in das Denken Josef Piepers. Überrascht zeigte sich der Referent über den vollen Saal, hatte er doch mit so viel Interesse nicht gerechnet. Interesse und Wissbegier hielten in der dem Vortrag folgenden Diskussion an. Piepers Maxime „Die Leute da erreichen, wo man sie antrifft“, erklärt die Nutzung der für ihn seinerzeit neuen Medien Rundfunk und Fernsehen. Pieper wurde und wird, so der Gast aus Paderborn, mit seinem klaren katholischen Standpunkt ebenso gelesen von evangelischen Christen. Als ein Beispiel führte Prof. Wald den evangelischen Theologen Dietrich  Bonhoeffer (1906-1945) an. Von Kardinal Karl Lehmann wusste Prof. Wald zu berichten, er habe als Pennäler sein Taschengeld zusammengespart, um sich wieder ein Bändchen aus der Feder Josef Piepers leisten zu können. 

Bei aller Vielfalt – und das klang sowohl in der Diskussion, als auch in sich  anschließenden einzelnen Gesprächen an – wäre es wünschenswert gewesen, noch viel mehr ganz konkrete Äußerungen als Antwort auf die Frage „Was ist ein gelingendes Leben?“ zu erfahren. Doch vermag verständlicherweise ein Abend nicht alle (Bildungs)Wünsche zu einem schier unerschöpflichen Thema zu erfüllen. Professor Wald hatte deshalb am Ende seiner  Ausführungen treffend den Begriff „gießkannenartig“ gewählt. Josef Pieper habe mit seinem Werk nach Meinung seines Schülers die Lust am philosophischen Denken geweckt, mit einer guten, reichen Sprache – nicht nur für Philosophen. Für die einen war der Abend Anstoß, sich wieder einmal mit Josef Pieper zu befassen, für die anderen Aufforderung, eines seiner Bücher erstmals zur Hand zu nehmen, um es nicht so schnell wieder wegzulegen.

Dipl. Journ.Christine Bose