Wer hier spart, muss draufzahlen!
Eichsfeldforum zur Kinder- und Jugendarmut in Deutschland
Heiligenstadt. (tlz/cb) Er müsse aufpassen, dass er die vorgesehene Zeit einhalte, denn es gäbe noch viel mehr zu sagen, als während einer solchen Abendveranstaltung möglich sei, betonte Dipl.-Sozialpädagoge Clemens Bech, Caritasverband Leipzig e.V., und befand sich damit in Übereinstimmung mit den anderen Podiumsgästen.
Zum ersten Eichsfeldforum nach der Sommerpause, moderiert von Dario Pizzano, Referent im Bildungswerk, war am Donnerstag in die Villa Lampe eingeladen worden. Dipl.-Pädagoge Thomas Holzborn, Villa-Leiter und Gastgeber sowie Dipl.-Psychologin Heidrun Horstmeier, Sozialdienst katholischer Frauen, tätig in der Erziehungs-, Familien- und Jugendberatung in Worbis, Leinefelde und Heiligenstadt, so in den Leinefelder Einrichtungen „Seelenvogel“ e.V. und „Regenbogenhaus“, hatten sich ebenfalls des Themas angenommen, zu dem sich eine lebhafte Diskussion entwickelte: „Kinder- und Jugendarmut in Deutschland? Mehr als nur Hartz IV“!
Zum ersten Eichsfeldforum nach der Sommerpause, moderiert von Dario Pizzano, Referent im Bildungswerk, war am Donnerstag in die Villa Lampe eingeladen worden. Dipl.-Pädagoge Thomas Holzborn, Villa-Leiter und Gastgeber sowie Dipl.-Psychologin Heidrun Horstmeier, Sozialdienst katholischer Frauen, tätig in der Erziehungs-, Familien- und Jugendberatung in Worbis, Leinefelde und Heiligenstadt, so in den Leinefelder Einrichtungen „Seelenvogel“ e.V. und „Regenbogenhaus“, hatten sich ebenfalls des Themas angenommen, zu dem sich eine lebhafte Diskussion entwickelte: „Kinder- und Jugendarmut in Deutschland? Mehr als nur Hartz IV“!
Armut in Europa wird häufig im Zusammenhang mit osteuropäischen Ländern wie Rumänien oder der Ukraine erwähnt, doch wächst in der hochentwickelten Industrienation Deutschland ständig die Zahl der von Armut Betroffenen. Nicht nur in Großstädten, nein, auch im Eichsfeld. Obwohl sich – so Clemens Bech – Fachleute über konkrete Armutsdefinitionen, Zahlen und Fakten streiten würden, berufe er sich auf die folgenden aktuellen Angaben, bezogen auf das Einkommen: Jeder siebente Einwohner in Deutschland, das sind 11,5 Millionen Bürger, ist arm, jeder fünfte Jugendliche in der gesamten BRD und jeder dritte Jugendliche im Osten. Eine Entspannung ist nicht in Sicht.
Und da trifft es bei Weitem nicht nur die Bezieher von Hartz IV, sondern auch die 9,9 Prozent der in Deutschland arbeitenden Armen, die von ihrem durch Arbeit erzielten Einkommen nicht leben, ihre Familie nicht ernähren können. Damit einher gehen häufig emotionale, soziale und kulturelle Armut, die eingeschränkten Möglichkeiten an „gesellschaftlicher Teilhabe“. Disco, Schwimmbad, Sportverein, Kino, Theater, Klassenfahrten und Ferienfreizeiten, gesunde Ernährung wurden als Stichworte genannt, ebenso die Tatsache, dass in den Schulen oft vorausgesetzt wird, in jedem Haushalt befinde sich zum Wissenserwerb ein Computer mit Internetanschluss.
Sehr deutlich wurde aber von Heidrun Horstmeier und Thomas Holzborn hervorgehoben: Überforderte Eltern, die selbst hochgradig problembelastet sind, deshalb ihr eigenes Kind aus dem Blick verlieren, sich ihm nicht mit Liebe und Anerkennung zuwenden, können das auch nicht materiell ausgleichen mit dem eigenen Fernseher fürs Kind, mit dem Kauf von Playstation und Handy. Wenn sich Kinder als Verlierer fühlen, die einfach nichts hinkriegen, geraten sie in eine Außenseiterrolle und das oft ein Leben lang. Wissenschaftler haben Fachbegriffe für das, was in der Diskussion eine allein erziehende mehrfache Mutter betonte: „Ein Waldspaziergang mit meinen Kindern kostet nichts.“ Über Prävention wurde gesprochen, über Möglichkeiten, Armut zu verhindern oder zu mildern.
Clemens Bech ist mit Blick auf die gesamte Gesellschaft und die Verantwortung des Staates sicher: „Wer hier spart, wird früher oder später draufzahlen!“
Dipl. Journal. Christine Bose
